Scheiss auf Büroflächen und Bankenviertel – wir brauchen Bänkeviertel!

Die Situation am deutschen Wohnungs-/Immobilienmarkt ist desaströs geworden. Teils jahrelang dauernde Wohnungssuchen, unüberschaubare Wartelisten für Plätze in Studenten-, und anderen Wohnheimen, ständig steigende Mieten, horrende Kaufpreise für Häuser und Eigentumswohnungen – Wohnraum entwickelt sich fast schon zu einem Luxusgut. Hier im niederbayerischen Straubing gibt es beispielsweise eine Baugenossenschaft, die Volksheim eG, die guten und günstigen Wohnraum anbietet. Wartezeit auf eine geeignete Wohnung: mindestens zwei Jahre.

Seit einiger Zeit gibt es im Immobilien-Bereich einen sogenannten Lock-in-Effekt. Der beschreibt die Situation von Menschen, die aus den verschiedensten Gründen gerne umziehen möchten, aber keine neue Bleibe finden. So müssen sie in schimmeligen Wohnungen, oder trotz Rechtstreitigkeiten mit den Vermieter:innen, oder trotz schwer stemmbarer Mieterhöhungen, ausharren und abwarten. Ganz sicher eine belastende Situation. Leider ist für Probleme dieser Art kein Ende, sondern eher eine Verschlimmerung in Sicht.

Nun hat Corona aber auch einige positive Erkenntnisse mit sich gebracht. Zum Beispiel, dass es in vielen Berufen und Branchen die Möglichkeit zum Homeoffice gibt.

Gerade Tätigkeiten im Büro, bei denen man vor allem vor dem PC sitzt, Emails schreibt und Telefoniert, müssen ja wirklich nicht ortsgebunden sein. Mal schnell mit den Kollegen einen Kaffee – das geht zwar dann nicht mehr, und man muss sich zuhause natürlich auch einen Ort schaffen können, wo man in Ruhe arbeiten kann, aber nach meiner Erfahrung geht das sogar in kleinen Wohnungen, wenn alle ein wenig aufeinander Rücksicht nehmen. Ich hatte jahrelang kein Büro, nur einen Schreibtisch, und die ersten Gehversuche mit meinem Blog hab ich auf dem Wohnzimmerboden geschrieben. (Jetzt sitze ich übrigens grade auf der Couch. Ich finde Schreibtische überbewertet, aber das ist eine andere Geschichte.)

Jedenfalls – Homeoffice geht oder ginge in sehr vielen Bereichen ganz problemlos. Es gibt im Moment eine schnell wachsende Branche von Freelancern, die ihre Jobs von überall auf der Welt machen.

Vor allem die vielen neuen Berufe, wie Podcast-Produzent:innen, Blogger:innen, oder Social-Media-Manager:innen, haben sich oft schon frei gemacht von traditionellen Arbeitsweisen, -orten, und -zeiten.

Sie arbeiten, wo sie wollen und wann sie wollen. Solange es für den Lebensunterhalt, und bei einem gut organisierten Menschen auch noch für die Altersvorsorge reicht, sind sie glücklich. Ein Büro? Feste Arbeitszeiten? Das ist ja sowas von 2015!

Natürlich kann man aber auch zu festen Arbeitszeiten von zuhause aus arbeiten, in einem ganz normalen Angestelltenverhältnis, ohne Freelancer-Leben auf den Malediven.

Es gibt immer mehr „virtuelle Assistenten/Assistentinnen“, die von Zuhause aus für mehrere Arbeitgeber gleichzeitig arbeiten. Sie sind am Telefon verfügbar, mit ihren Chefs und Kunden in Kontakt, schreiben Emails, schicken Formulare oder Angebote. Wie in einem normalen Büroalltag eben auch. Da viele Prozesse schon seit Längerem nur noch online funktionieren (wie Banking oder diverse Anträge – wir haben vor Kurzen erst den Antrag auf Eigenheimzulage gestellt, ein Graus!) braucht es den direkten persönlichen Kontakt im Raum in vielen Firmen oder zumindest Abteilungen eigentlich schon lange nicht mehr.

Wieso muss man unbedingt zwischen 7 und 9 Uhr anfangen zu arbeiten, und spätestens um 5 fertig sein? Dafür, dass man dann auf dem Weg von und zur Arbeit auch noch viel Zeit im Verkehrschaos verbringt? Das klingt für mich alles nicht mehr logisch in einer digitalisierten Welt. Manchmal kommt es mir so vor, als hätten viele Leute nur einfach noch nicht gemerkt, dass Digital wirklich existiert.

Der größte Vorteil der Digitalisierung wäre meiner Meinung nach, dass es kaum noch Büroflächen braucht. Wozu auch? Zum Kaffeetrinken und am Gang plaudern? Für zwischenmenschlichen Kontakt? Den könnte man auch in der Zeit haben, in der man ansonsten im Stau gestanden hat. Und dann auch noch mit Menschen, die man sich selber ausgesucht hat, und nicht mit Kollegen.

Nebenbei würden sich Firmen richtig viel Geld sparen. Das könnte man ja, Gott bewahre, was für eine kommunistische Idee, dann auch noch den Mitarbeitern in Form von höheren Gehältern oder sonstigen Vergünstigungen zukommen lassen. Mir ist klar, dass das utopisch ist.

Wenn immer mehr Arbeitnehmer:innen, Arbeitgeber:innen und am Ende sogar noch unsere Regierung, darauf kommen würden, dass Büroflächen in vielen Fällen ein Auslaufmodell sind, würde auf einen Schlag massenhaft Raum mitten in den Innenstädten frei werden.

Rein theoretisch, also, wenn wir nicht in einer kapitalistisch geprägten, sondern in einer fairen und gerechten Welt leben würden, wäre hier dann Raum für Entfaltung. Raum zum Wohnen, Leben, Arbeiten, Kinder erziehen, Beisammen sein, Gemeinschaften bilden.

Rein theoretisch könnten dann in den Bankenvierteln Spielplätze, Tagesstätten für Senioren, Treffpunkte für junge Leute aller Couleur entstehen, Kindergärten eröffnen, Menschen spazieren gehen und ihre Einkäufe in kleinen inhabergeführten Läden tätigen.

Rein theoretisch.

Dann könnten in den Bankenvierteln echte Bänke stehen, wo ein alter Mensch im Schatten eines Baumes den Kindern beim Spielen zusehen könnte. Und seien wir ehrlich: Eine Bank zum Sitzen ist einfach viel sinnvoller als irgendein Geldinstitut.

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