Liebe Landwirte,

zu allererst möchte ich Euch sagen: ich respektiere Euren Berufsstand und schätze Eure Arbeit sehr.

Wie Ihr auf unserer Seite nachlesen könnt, arbeite ich ja auch ziemlich eng mit einem Kollegen von Euch zusammen und außerdem war ich in meiner Kindheit und frühen Jugend ein echtes Dorfkind.

Meine Oma hatte ein kleines „Sacherl“, mit einem Gemüsegarten, einem Haufen Obst zum Einwecken, ein paar Pferden, einem Runkelkeller (wer kennt sowas noch?), und sie hatte jedes Jahr zwei Schweine, die im Herbst geschlachtet worden sind. Ein richtiger Bauernhof war es also nicht, aber ich hab noch in lebendiger Erinnerung, wie die Küche bei der Oma ausgesehen hat, wenn die Schweinderl verwurstet worden sind. Außerdem gehörte ja früher am Land jedes Kind dem ganzen Dorf. Ich wirklich oft am Bulldog gesessen, war mit im Kuhstall, hab beim Kalben zugesehen, und einmal dem Metzger beim Schlachten der Schweine. Das war alles vollkommen normal – so ist eben das Leben. Geburt und Tod, das gehört eben einfach dazu. Das finde ich an unserer heutigen Zeit so problematisch, dass wir die existentiellen Themen kollektiv so verdrängen…aber das ist eine andere Geschichte, und ich schweife ab.

Was ich Euch damit sagen möchte: auch, wenn ich keine von Euch bin, ich bin mit Euch und Eurer Arbeit groß geworden, ich rede niederbayerisch und würde von mir behaupten, eine echte Lokalpatriotin zu sein. Also, ich bin Euch wohlgesonnen.

Aber wir müssen reden.

Denn so, wie Ihr Euren Beruf betreibt, kann es nicht weitergehen. Und nein, ich möchte jetzt nicht bio und konventionell gegenüberstellen. Wie wir alle langsam wissen sollten, ist bio sicher nicht die Rettung der Welt. Zum einen, weil keiner weiß, wie viel Schindluder mit dem Siegel weltweit getrieben wird. Und zum anderen, weil bio nicht das einzige Kriterium zur Beurteilung von Waren und Konsumgütern sein darf. Da gibt es so viele andere Faktoren, wie CO2-Bilanz, Umgang mit Produktionsmitarbeitern, Transportwege, Verpackung, und bestimmt noch viel mehr, was mir jetzt grade nicht einfällt.

Bio ist bestimmt von der Grundidee her gut, aber eben auch nicht die einzige und alleinige Lösung für alle unsere aktuellen Umweltprobleme.

Und ganz sicher seid Ihr nicht die Alleinschuldigen. Jeder trägt seinen Teil dazu bei: egal, ob man Fastfashion-Billigklamotten kauft, oder Schuhe mit allseits bekannter hoher Kinderarbeitsquote, ob man unbedingt Seeteufel essen muss, oder gerne plastikverpacktes Zeug in den Einkaufswagen schmeißt – jeder von uns hat seinen Anteil an der aktuellen Misere.

Viele haben die Tendenz zur Verleugnung. Ist ja alles nicht so schlimm, was soll man sonst machen, kann ich mir nicht leisten, keine Zeit zum Kochen, oder die übelste von allen Ausreden: wenn ich das Billigzeug aus Fernost nicht kaufe, haben die Leute da keine Arbeit. Wenn ich sowas höre, könnte ich echt kotzen. Ich hab darauf mal geantwortet: du glaubst also, dass Du mit dem Konsum von Billigware in Asien Menschenleben rettest? Und tatsächlich gibt es Leute, halbwegs gebildete und erstaunlich vermögende Menschen (ich stelle immer mehr fest, dass Vermögen und Hirn ziemlich ungleich und ziemlich unabhängig voneinander verteilt wurden…. Aber ich schweife schon wieder ab, sorry, liebe Landwirte!), die das ernsthaft bestätigen. Da ist dann echt Hopfen und Malz verloren, und es ist kein Wunder, dass die Welt in dem Zustand ist, in dem sie ist. Halb kaputt und mit einer steilen Tendenz nach unten in Richtung Abgrund. Also, die Welt, wie wir sie kennen. Eine von Menschen bewohnte. Weil, dem Planeten ist es wohl ziemlich wurscht, ob wir auf ihm rumkrabbeln oder nicht.

Aber uns sollte es das nicht sein! Wir sind es doch wert, zu überleben!

Liebe Landwirte, Ihr könnt zu beidem beitragen. Zum Untergang oder zum Überleben. Ihr habt doch so viel, Ihr habt Land, Know-How, Naturverbundenheit, seid gut ausgebildet an den entsprechenden Schulen und FHs! Ihr müsst wirklich langsam, wie wir alle, Zusammenhänge erkennen.

Eine Produktion am Limit hat noch nie so richtig gut funktioniert. Wenn man aus einem Menschen das letzte bisschen Leistungsfähigkeit rausquetscht, bekommt er irgendwann Burnout.

Wenn man mit dem Boden das gleiche macht, passiert doch das auch. Ständiges Spritzen und Düngen ist für den Boden, Ihr wisst das, einfach nur giftig. Mikroorganismen und Nützlinge sterben ab, von der Grundwasserbelastung noch gar nicht angefangen. Die Düngemittelverordnung ist richtig und wichtig. Ihr sagt immer, die Leute, die die Grenzwerte festlegen und Gesetzestexte schreiben, haben keine Ahnung. Aber ganz ehrlich: da macht Ihr es Euch schon ein bisschen sehr einfach, oder? Wenn jemand anderes eine andere Meinung hat, ihm einfach Inkompetenz zu unterstellen, zeugt nicht grade von einer offenen Geisteshaltung.

Es gibt genügend Leute, und nicht nur irgendwelche „Öko-Spinner“, die sagen, dass die Nitratbelastung unseres Trinkwassers langsam schwindelerregende Höhen erreicht. Die EU-Verordnung ist, da sind sich außer Euch wirklich alle Experten einig, dringend nötig und schon längst überfällig.

Und Ihr hattet doch genug Vorlauf! Ihr hattet doch Zeit, Euch damit auseinander zu setzen!

Ich würde mir so sehr wünschen, dass Ihr nicht dafür demonstriert, dass alles so bleibt, wie es ist. Weil, das wird es sowieso nicht. Ich würde mir wünschen, dass Ihr ein Gefühl entwickelt für Mensch, Tier und Natur. Dass Ihr Euer erlerntes Wissen auf Logikfehler überprüft, auch mal dem ein oder anderen vertrauenswürdigen Experten mit offenem Herzen lauscht, dass Ihr anfangt, zu fühlen, wie wichtig jede*r einzelne von Euch für diese Welt ist, für deren Schutz und unser Fortbestehen.

Ich würde mir wünschen, dass Ihr anfangt, Eure riesengroße Verantwortung zu sehen. Dass Ihr Schluss macht mit der Opferrolle, und dass Ihr Euch als wichtiges Zahnrad bei der Veränderung hin zu einer heileren Welt wahrnehmen könnt. Ich würde mir wünschen, dass Ihr altruistischer werdet. Ich würde mir wünschen, dass Euch die Hilfe- und Angstschreie Eurer Tiere so sehr durch Mark und Bein gehen, wie die Eurer Kinder.

Und ich würde mir wünschen, dass Eure Erkenntnisse die ganze Welt verändern. Weg von der Turboproduktion, die nirgendwo hin führt, außer in den Burnout.

Hin zu einer sanften, altruistischen Kultur, die freundlich mit Mensch, Land und Tier umgeht. Ihr könntet die Vorreiter sein im Konsumverzicht und bei der Rettung der Welt! Klar, Geld wird dann wahrscheinlich erstmal weniger in die Kasse gespült. Aber zum einen gibt es mittlerweile viele Studien, die beweisen, dass nachhaltige Unternehmen am Ende höhere Gewinne abwerfen, und zum anderen hat ja jeder hier auf dieser Welt nur eine begrenzte Lebenszeit.

Und am Ende stellt sich dann eben die Frage: Was will ich meinen Kindern, Enkeln und Urenkeln hinterlassen? Eine glückliche Welt, in der keiner mehr an Hunger oder Schlachtung oder vergifteter Landschaft sterben muss? Saubere Luft und sauberes Wasser? Oder ein großes Privatvermögen – von dem man halt im Ernstfall nicht abbeißen kann.

Liebe Landwirte, vielen Dank, dass Ihr meinen langen und emotionalen Brief gelesen habt! Dass Ihr Euch die Zeit dafür genommen habt, und dass Ihr so einen Dialog möglich macht.

Wir müssen uns in Zukunft viel mehr umeinander kümmern, uns besser zuhören, uns gegenseitig aufklären und helfen. Wir können das alles gemeinsam wuppen.

Wir können doch alle gemeinsam in dieser einen Welt leben, wir sind doch alle Kinder Gottes, die eine Verantwortung für die Schöpfung haben!

Ich zähle auf Euch! Nicht, dass Ihr von jetzt auf gleich alles ändern werdet. Sondern, dass Ihr nachdenkt, zuhört, alte Glaubenssätze auf den Misthaufen schmeißt.

Die Welt ändert sich gerade in schwindelerregendem Tempo! Macht doch mit, lasst Euch vom Strom des Lebens mitreißen und freut Euch, dass Ihr an der Quelle der Veränderung sitzt!

Ich bin so froh, dass es Euch gibt! Danke für das viele Essen, das Ihr produziert. Danke für Landschaftspflege und Brennholz! Danke für Eure Arbeit trotz unmöglicher Arbeitszeiten, wenig Urlaub und ständiger Kritik von außen.

Ihr seid toll!!

Und Ihr werdet noch viel toller werden, da bin ich mir ganz sicher!

In großer Wertschätzung

grüßt Euch

Eure Happyfields-Katrin

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Regina

    Meine liebe Katy,
    Bravo! Ich habe seltenst etwas so gutes, richtiges und wichtiges gelesen, dass auch so einfühlsam an die Adressaten gerichtet wurde. DANKE!
    Übrigens Klaus hat beim Vorlesen ganz aufmerksam und mit dem richtigen offen Ohr zugehört und schickt dir über mich 0-Ton „ein großed Lob!!
    Von Herzen Regina

    1. Katrin Zwickl

      Vielen lieben Dank für das saunette Kompliment, liebe Regina, ich freu mich riesig, dass Ihr den Beitrag mögt! …und wenn Ihr wollt, dürft Ihr alles so viel und so oft teilen und weiterleiten, wie Ihr Zeit und Lust habt! 🙂 Je größer die Leserschaft, desto besser können wir gemeinsam auf die Rettung der Welt hinarbeiten! Love!

  2. Roland

    … ! Damit ist eigentlich alles gesagt.
    trotzdem möchte ich dazu sagen, dass es nicht ganz so leicht ist, sich als Produzent aus diesem Teufelskreis von Preisdumping durch die Abnehmer zu lösen. Nicht nur bei den Landwirten, das betrifft jede Branche.

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