Das Leben mit 13 in der Corona-Krisen-Zeit

Auf den Vorschlag einer lieben Freundin hin habe ich meine Tochter nach einem Interview zum Thema „Das Leben als Teenie in der Corona-Zeit“ gefragt, und sie hat ohne zu Zögern zugesagt.

Das ist umso überraschender, weil ich endlich mal eine Frau zum Interview haben wollte, und nicht nur Männer. Aber ich habe eine ganze Zeit lang keine Interviewpartnerin gefunden. Immerhin kann das ja dann jeder und jede im Internet sehen!

„Frag doch die Hannah!“, schlug mir meine Kumpeline vor. Das hab ich dann gemacht – das Ergebnis könnt Ihr im Folgenden nachlesen:

Hi Hannah, herzlich willkommen zum Happyfields – Interview!
Danke, dass Du Dir Zeit nimmst für uns!

Hi! 🙂

Wie geht´s Dir?

Geht so.

Wieso geht so?

Immerhin ist Wochenende, während der Schule würde ich sagen, schlecht. Die Last von Corona trifft ja jeden zur Zeit auf seine Weise.

Manche sind eingesperrt in toxischen Haushalten, andere können nicht arbeiten,  jeder hat so seine Belastungen. Schön ist das nicht.

Wie ist die Schule zur Zeit für Dich?

Für mich ist es zur Zeit doppelt schrecklich. Einmal wegen Corona und den ganzen Bestimmungen. Das ist oft ziemlich verwirrend, weil man nie so genau weiß, was eigentlich erlaubt ist, und was nicht.

Im Sportunterricht zum Beispiel müssen wir die Maske aufhaben, und wenn jemand sagt, ihm wird schwindelig durch die Maske, zählt das nicht. Man muss sie trotzdem auf haben, und auch mitmachen.

Ich finde ja, es dürfte zur Zeit gar keinen Sportunterricht geben, weil es da einfach unmöglich ist, alle Regeln einzuhalten.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum wir überhaupt noch in die Schule gehen müssen. Einerseits regen sich alle auf, dass wir die Regeln einhalten müssen, aber dann sagen sie auch, dass die Schule nicht geschlossen werden darf. Die Schule offen zu halten, ist für die Lehrer das Allerwichtigste.

Egal, wie wir es schaffen, Hauptsache, es findet Unterricht statt.

Wäre Dir online lieber?

Logisch. Dann wären alle Regeln hinfällig, und man könnte sich nicht infizieren. Nicht, dass am Ende noch jemand zum Beispiel seine Großeltern ansteckt.

Außerdem ist Schule für mich im Speziellen zur Zeit besonders schwierig, weil ich durch die Fächerwahl in eine andere Klasse gekommen bin. Und wegen Corona kann ich meine Freunde aus meiner alten Klasse nicht mal mehr in der Pause sehen.

Online wäre für mich in jeder Hinsicht momentan besser.

Und meine Oma ist schwerkrank, ich hab so immer ein bisschen Angst, dass ich sie anstecken könnte. Ohne Schule mit Präsenzunterricht könnte ich einfach wieder zur Oma gehen.

Denkst Du, die Oma sollte sich impfen lassen, wenn es eine Impfung gibt?

Ja, unbedingt.

Und alle anderen?

Denen würde ich die Wahl lassen. Wer sich impfen will, sollte es machen. Aber ich finde auch, das soll freiwillig passieren, und nicht verpflichtend sein.

Dann gibt es noch eine Frage von der lieben Ilse aus der Community:  

Sie würde gerne wissen, ob den jungen Leuten in den Medien zu wenig Beachtung geschenkt wird. Also vor allem in Bezug auf die Auswirkungen des Lockdowns.

Ich finde schon. Normalerweise wird immer über die Situation von Erwachsenen mit Eheproblemen oder Risikogruppen geredet. Genug von meinen Freunden waren im Lockdown im Frühling bei ihren Eltern eingesperrt, die zum Teil wirklich schlimm sind. Davon hab ich in den Medien so gut wie nie was gehört.

Aber immerhin gibt es doch so Notruf-Nummern, die werden doch in den sozialen Medien immer wieder verbreitet?

Ganz ehrlich, die bringen nichts. Was sollen die machen, wenn es einem schlecht geht, man alleine daheim sitzt und Eltern hat, die einen beschimpfen oder schlagen, und man es kaum noch zuhause aushält? Die Polizei will ja dann doch keiner anrufen. Selbst wenn jemand schlechte Eltern hat, will man doch nicht zusammen mit seinen Geschwistern von der Polizei abgeholt werden! Das geht viel zu schnell, und ist ja keine echte Lösung.

Ansonsten hab ich über Schule und unsere Lage wirklich wenig gehört und gelesen. Mein Medium ist vor allem Instagram, selbst da hatte ich das Gefühl, über uns Teenager berichtet niemand.

Ich hab mir während der unterrichtsfreien Zeit andauernd gedacht, wie sollen wir da bloß wieder reinkommen, in Schule, und Lernen, und Tests schreiben, und Noten bekommen. Bis zu den Sommerferien haben wir praktisch gar nichts gemacht in der Schule und nach den Ferien sind wir gefühlt ins kalte Wasser geworfen worden. Irgendwie hat in der Schule jeder so getan, als wäre das alles nicht passiert und haben ganz normal mit dem Stoff weitergemacht. Jetzt kommen viele, ich auch, überhaupt nicht mehr richtig mit.

Ich kann nur vom Gymnasium reden, aber ich kann mir vorstellen, dass das an allen Schulen das Gleiche ist.

Darüber hab ich auch in den Nachrichten oder so nichts mitbekommen. Immerhin sind wir ja irgendwie die neue Gesellschaft, die sich da gerade bildet. Darüber, über die Themen, die uns interessieren und wichtig für uns sind, wird eindeutig zu wenig berichtet.  

Wie siehst Du die nähere und fernere Zukunft?

In der näheren Zukunft wird sich wohl erstmal nichts ändern. Hoffentlich ist bald wieder Online-Unterricht.

In der ferneren Zukunft, denke ich mal, wird es so werden wie in Asien. Dass man einfach eine Maske aufsetzt, wenn man sich krank fühlt, um andere nicht anzustecken, auch nicht mit Erkältung oder so. Das würde mir nichts ausmachen.

Und gegen seelische Erkrankungen braucht man auf jeden Fall ein Haustier. Wenn man sich nicht gut fühlt, muss man unbedingt einen Hund oder ein anderes Tier kuscheln. Floofs sind die beste Medizin. (Jugendsprache: flauschige Haustiere)

Außerdem wird sich viel ändern, wenn die Boomer nicht mehr sind. (Also, wenn wir alt und eingerostet sind, meint sie damit. Manchmal muss man da ein bisschen übersetzen. 🙂 ) Weil wir ja auch die ersten sind, die mit den ganzen neuen  Medien, Computern, Spielekonsolen und Internet aufgewachsen sind.

Freust Du Dich auf die Zukunft?

Das ist eine interessante Frage. Ich weiß es nicht. Vielleicht…. Wahrscheinlich…. Eher ja. Es kann ja eigentlich nur besser werden, als es grade ist.

Gibt es etwas, das Du den Erwachsenen gerne sagen möchtest?

Ich finde, die meisten Erwachsenen verstehen nicht, dass auch jüngere Menschen Wissen haben können, und dass man nicht die Aussagen von jüngeren Leuten, also von uns Teenagern, einfach so abtun sollte. Ich wünsche mir, dass die Erwachsenen uns ernst nehmen und nicht denken: Du bist doch eh ein Kind, Du weißt doch eh nichts.

Und bitte macht Euch nicht über unsere Modewelt lustig! Ihr wart früher vielleicht Punks oder sowas, und heute seid Ihr halt einfach Boomer. Wir wollen uns auch über unsere Mode ausdrücken und uns nicht für die Sachen, die wir anziehen, rechtfertigen müssen.

Danke nochmal, ich weiß das echt zu schätzen, dass Du Dir Zeit für uns genommen hast!

ok (Das ist ebenfalls Teenagersprache und heißt: klar gerne, jederzeit wieder! Weitere Anmerkung der Redaktion. 😀 )

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ilse

    Vielen Dank für das tolle und sehr berührende Interview. Liebste Hannah, ich bin froh, dass du gleich zwei Floofs hast (oder sind das dann Flooves – fragt sich die Englischlehrerin).
    Ich finde es so schade, dass die Weisheit der Jugend unterschätzt wird. Ich habe von meinen Kindern wahrscheinlich genauso viel gelernt wie sie von mir. Und jetzt lerne ich wieder von meinen Enkeln.
    Schockiert hat mich deine Aussage zu toxischen Familien. Ich hatte immer gehofft, die würden aussterben. Ich frage mich jetzt, was könnten wir Alten im Moment tun? Was hältst du von der Idee, kostenlos Nachhilfe über Skype oder per Email zu geben? Solidarität ist momentan der einzige Weg, und die gute alte Nächstenliebe, denke ich.
    Haltet die Öhrchen steif, Kinners, keep a stiff upper lip und auf bessere Zeiten!

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